REPRISE (AUF ANFANG) von Joachim Trier, N 2006

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Erzähl die Geschichte. Und erzähl sie richtig. Erzähl sie vielleicht auch so, wie sie dir gefällt. Natürlich, du bist nicht unbefangen und auch nicht immer frei. Versuch es. Sei ein Schriftsteller. Ein Lebenssteller? Aber hast du die Geschichte einmal erzählt, dann kannst du sie nicht einfach noch mal erzählen. Es wird nie mehr dasselbe sein. Ob du sie nun versuchst aus dem Gedächtnis zu rekonstruieren oder sie dir, sei sie aufgeschrieben, noch einmal vor Augen führst. Es gibt keine Reprise. Keine Wiederholung, kein auf Anfang stellen. Gehirngespinste, ja. Vorstellungen von hätte, wäre, könnte. Der Konjunktiv als Möglichkeit, als Spinnerei. Das Präsens als etwas, das sich nur durch den Konjunktiv leugnen ließe. Ließe…

Warte. Auf Anfang.

Nähe. In Berührungen. Sehnsuchtsgetränkte Suche nach Transzendenz. Doch nur Berührung, nicht mehr. Reprise (oder im Deutschen etwas unglücklich mit „Auf Anfang“ betitelt) tut weh, schmerzt, ist ganz nah, nah bei den Berührungen der Protagonisten, ihren Blicken, ihrer Suche und eben auch bei ihren Schmerzen. Besonders nah ist er bei Phillip (Anders Danielsen Lie) und Kari (Viktoria Winge). Ein Paar, dass nach Phillips Entlassung aus der Psychiatrie erst einmal wieder zu sich finden muss. Ein Paar, das ein Beieinander sucht. Nähe. In Berührungen. Aber nicht mehr. Selten, dass sich Blicke treffen. Denn die Angst besteht, dass es eben auch Phillips große Liebe zu Kari war, die den Zusammenbruch hervorrief.

Kari und Phillip im Park. Er seitlich von hinten, ganz nah, nah an seinem Nacken. Sie unscharf dahinter. Ihr Blick, unser Blick, streicht seinen Nacken. Er seitlich von hinten, ganz nah, nah an seinem Nacken, die Schärfe verlierend. Sie, nah, von uns, von der Kamera fokussiert, ihr Blick ist suchend und scheint doch in der Luft hängen zu bleiben. Scheint nicht mehr von Phillip sehen zu können als wir. Hier kann man nur sehen was einem gezeigt wird. Oder sich vorstellen was hätte, wäre, könnte.

txt.:julianbauer

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