MADONNEN von Maria Speth, D/CH/B 2007

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LEBEN OHNE MOBILTELEPHON

Ein bisschen viel regennasser Beton und bleischwere Himmel und graugraues Dämmerlicht (für einen „vorurteilsfreien Blick“).
Ein bisschen viel Wortlosigkeit und Plattenbautentristesse und Jogginghosencharme (für eine „nicht-generalisierende Fallstudie“).

Ein wenig zu oft die Kamera von hinten, von der Seite, das Gesicht angeschnitten, abgewandt: Die Mundwinkel trotzig nach unten gezogen, die Schultern hoch. Die Kleidung: hellblau-grau.
Madonnen von heute haben nicht ihre Farbe eingebüßt, nur Glanz.

Zu oft ist die Kamera mehrfach distanziert: Durch Telephonzellen- oder Autofrontscheiben, durch darüber rinnenden Regen, durch die Rahmungen, die beide bilden.
Und doch bleibt sie immer bei ihr, bei Rita, der jungen Mutter, die mit und ohne ihre fünf Spösslinge hin und her zieht zwischen Belgien, Frauenstrafvollzug und neuer Wohnung; zwischen der Suche nach dem leiblichen Vater, der Flucht vor der eigenen Mutter und dem Versuch eines neuen Lebens. Die Kamera bleibt bei ihr, ohne jemals subjektiv zu sein; sie beobachtet, schaut zu, erzählt.

Rita, Sandra Hüller, die noch genauso jung und abgeklärt unerfahren wirkt wie in „Requiem“, sitzt im Bett: Die Knie angezogen, die Decke darum gewickelt. Nur ihre Schultern künden nackt von der vergangenen Nacht: „Freut ihr euch denn nicht? Kommt doch her zu mir. Ich habe mich immer gefreut, wenn ich mal nen Tag nicht in die Schule musste…Kommt! Wir bleiben den ganzen Tag lang im Bett…“ Fanny, die Älteste, quittiert das unsichere Lächeln mit Zögern, bis sie endlich ihre vier Küken um die Mutter plaziert, die partout nicht Glucke sein will. Spiegelgeschichten. Wie die Mutter so die Tochter und wieder zurück. Ein ums andere mal.

Ähnlich sind sich die beiden nicht nur in ihrer unberechenbaren Dickköpfigkeit; sie gleichen sich auch in der trotzigen Willensstärke und Unabhängigkeit, die Rita schon von ihrer Mutter hat.
Darin ist der Film konsequent: Dass nichtnachvollziehbar bleibt, warum eine Frau tut, was sie tut. Wenn Rita geht, ist sie weg. Auch für Fanny nicht erreichbar. Unabhängigkeit ohne Mobiltelephon.

Zum Einschlafen gibt Rita Ina mit der Fingerspitze ein Paar von ihren Sommersprossen ab. Und die bedrückte Morgenstimmung kippt in ausgelassenes Armdrücken. Nicht Kräftemessen, Freundinnenspiele. Kippfiguren, die sich wie das sprichwörtliche Auf und Ab durch den Film ziehen.

Immer wieder schafft es der Film so sich zu nähern, statt auszustellen. Tastend, partiell, konzentrisch. Liebevoll distanziert? Der Film verfährt im besten Sinne des Wortes oberflächlich: Ohne Psychologisierung, wortlos. Aber vorurteilsfrei? Die Ambivalenz zwischen stummem Unverständnis und kritiklosem Portrait bleibt. Wenn Rita weint, ist sie allein. Selbst die Kamera verlässt sie; Maria Speth fordert auf, zu schneiden. Sie will nicht mit billigen Tricks Emotionalisieren; sie will ein Portrait, eine Studie.

Doch all der Regen und das Grau und der tiefe Himmel; die Jogginghosen, Plattenbauten und Provinztristesse: Warum nur darf Rita, Sandra Hüller, nicht wenigstens in der Disko Rot tragen? Wie „damals“, in Requiem…

txt: sarah sander

3 Antworten to “MADONNEN von Maria Speth, D/CH/B 2007”


  1. 1 querschritt März 14, 2007 um 3:03 pm

    blablabla

  2. 2 querschritt März 14, 2007 um 3:04 pm

    blöööööööööööööööd!


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