ELVIS PELVIS von Kevin Aduak, GB/F 2007

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SPLIT :: SCREEN .. schwarze milch

Wenn das Bild sich teilt, heißt das in der fabelhaften Bildwelt des Elvis Pelvis nicht zwangsläufig gleich Schizophrenie. Und doch bedeutet ein Splitscreen in der Rhetorik des Kinos meist mehr als bloß die Gleichzeitigkeit zweier Handlungen. Direkter als in der Parallelmontage korrespondieren die Bilder, be-zeichnen sich wechselseitig und wirken aufeinander ein: Links krümmt sich die Mutter auf dem Fußboden der Toilette :: rechts der Vater in seinem Blut. Sie hat das Klopfen und Rütteln an der Tür ignoriert ,, er die Tragödie hinter der verriegelten Tür.

Soweit war der Plot klar :: Elvis, der Sohn, hat zum Geburtstag den knatschengen weißen Anzug des King of Rock´n Roll als Miniaturmodell bekommen und von Daddy die krausen Locken raus- und Pomade ins Haar gekämmt. Im Wohnzimmer läuft „Love me tender“ und titlgebendend imitieren Vater und Sohn den Hüftschwung des King. Aber in Little Elvis´ Zimmer hängt ein Poster von Jimmy Hendrix und er zerschneidet den Anzug, Diktat des Vaters, heulend vor Wut und Schmerz. Mummy ist nicht im Bilde, bleibt stumm, in schrägen Perspektiven (ein)gefangen, flüchtet sie von der Küche aufs Klo. Fischaugenoptik. Da teilt sich das Bild.  SPLIT :: SCREEN .

Langsam zieht sie die Spritze auf :: er versucht Vernunft in den Möchtegernhendrix zu prügeln. Während sie sich den Goldenen Schuss hinter verriegelter Klotür setzt :: steht er in der Küche, perplex, und rutscht aus in dem Blut aus seinem Bauch. Vor ihm Little Elvis mit dem Messer in der Hand guckt ebenso erstaunt. Und aus dem offenen Kühlschrank fällt kaltes Licht auf den Boden… Schwarze Milch der Frühe… Sie windet sich links :: er windet sich rechts.

schwarze milch .. AGAIN :: AGAIN

Farben so stark und bunt wie „in the mood for love“, schräge Perspektiven und Weitwinkel wie sonst nur bei MTV; Die Körnigkeit, die Musik und die Moden haben die 80s ins Bild geholt. Das war „The Suit“, Elvis Pelvis´ erster Teil. Dann trennt sich ´s erneut: „The Messiah“ ist schwarz und weiß und technisch irgendwie schlichter, ruhiger; late 90s vielleicht.

Der zweite Teil des Films permutiert das Thema von Identitätssuchen und testamentarischen Vater-Sohn Beziehungen neu: Ein junger Mann nennt sich Jimmy, trägt große, krause Perücken und nimmt sich seines sterbenden Nachbarn an, der von ihm nichts wissen will. Er bringt ihm die Milch an die Tür, schreibt Briefe und kehrt als verlorener Sohn ins Haus zurück. Über dem Bett hängt ein Jesusbild auf dem Kopf und überm Frühstückstisch das Abendmahl. Verkehrte Welt. Pop-Idole als (Un)Heilsbringer und Bildner der Ich-Funktion. Im ersten Teil vom Vater zum King of Rock´n Roll dressiert, nennt sich hier einer Jimmy.

Kinogucken. Motivische Überschüsse, die über ihre Lücken und Falten hinweg zu narrativen Linien verknüpft werden. Wie der Splitscreen suggeriert auch die Zweiteilung in der Zeit eine Korrespondenz der Geschichten. Am Ende scheint wieder kaltes Licht aus dem Kühlschrank und der Vater ist tot… Schwarze Milch der Frühe, sie trinken sie abends, sie trinken sie morgens und mittags, sie trinken und trinken.

txt: Sarah Sander

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